Endlich Ende: Rainald Goetz, Johann Holtrop.
Seltsame
Art, in einen Montag zu starten: Ich lese die letzten 150 Seiten des
Goetz-Buchs in einem Sitz: um es endlich hinter mir zu haben und mich
danach gedanklich entfernen zu können. Ja, genau so geschwollen ist
es, weil ich auch nichts äußern möchte zu dem Roman, denn dann
muss ich es begründen, das ist aber schon unangemessener Aufwand.
Also ohne Begründung: Das Buch ist nicht misslungen, es ist
schlecht, richtig schlecht, also schlimm und das schon in der Anlage,
als der Autor beschlossen hat, ihm aus der Presse bekannte
Wirklichkeitsfetzen und in Gesprächen mit einer Hamburger
Journalistin abgelauschte Eindrücke zu montieren mit Erfundenem,
ohne sich im Klaren darüber zu sein, dass er kein Erfinder ist, auch
dann nicht, wenn er noch so viel Fachwissen über Behandlungsmethoden
in psychiatrischen Kliniken abrufen kann dank des Umstandes, dass er
selbst Medizin studiert hat und mindestens einer seiner Brüder als
Mediziner arbeitet. Während
er kein Erfinder ist, sondern irgendwie ein Denker von Aperçus zu
Themen wie: warum uns der Dreck der Bild-Zeitung Spaß macht. Ich lese
täglich Bild.de. Mir macht das keinen Spaß. Und im Goetz-Buch
habe ich mehr Dreck gelesen als in einer Woche Bild.de, ich
übertreibe - als an zwei Tagen Bild.de. Am Ende lässt er
seine Titelfigur Holtrop, die er bis dahin aus der Vita des Bertelsmann-Auf-und-Absteigers Thomas Middelhoff
gepuzzelt hat, den Freitod des schwäbischen Unternehmenspatriarchen
(Ratiopharm) Adolf Merckle sterben, der sich im Januar 2009 von einem
Zug hat überrollen lassen. Und da Rainald Goetz im Kino gewesen ist
und Jean Luc Godards Film Pierrot le fou (1965) gesehen hat, in dem der junge
Belmondo sich zwei Stränge Dynamit um den Kopf wickelt und anzündet, es sich dann aber anders überlegt und die Zündschnur löschen will, allein vergebens, deshalb ist der Freitod von
Merckle-Middelhoff-Holtrop angereichert mit diesem abgegriffenen Slapstick - statt vergeblichem Versuch, die Zündschnur auszutreten, Ausrutschen auf der Schiene beim Versuch, im letzten Moment der Lokomotive auszuweichen. Diese Burleske so oft zitiert und variiert seit dem Pierrotlefou-Missgeschick, dass es gar nicht anders sein kann, als dass sie einem Autor einfällt in dem Moment, in dem er so eine Szene schreibt. Und dann entscheidet es sich, was für ein Autor er ist.