Sonntag, 7. Oktober 2012

Bewunderer


Am Vortag 53 geworden. Heute Abend feiert er. Sein fünfzehnjähriger Sohn aus Köln ist da. Das jüngste von vier Kindern. Die anderen sind Mädchen. Alle schon volljährig. Zwei Ehen. Jetzt Amanda. Kennt er seit genau einem Jahr. Auf seinem Smartphone zeigt er mir ein Foto des Bildes, das er gerade verkauft hat. Der Sohn horcht auf: Du hast ein Bild verkauft? Der Vater bestätigt es stolz. Mehr Fotos verkaufter Bilder, an den Orten aufgenommen, wo sie jetzt hängen. Die meisten in Köln, wo er herkommt. Der Freundes- und Bekanntenkreis als Markt.


Foto des Hauses in Irland, das einem Freund gehört, dem er im September geholfen hat, es neu anzustreichen. In einer ausgesucht langweiligen Farbe, mit der es genau so gut in Zehlendorf stehen könnte. Aber es steht direkt am Wasser, an einem Süßwassersee, und gleich dahinter ist der Atlantik. Spektakuläre Landschaft, wenn man sie sehen kann und sich der Anblick nicht auflöst in Dunst und Regenwolken wie meistens. Und was ist das? Das ist das Modell eines Filmsets, das ich Amanda zum Geburtstag geschenkt habe. Amanda arbeitet in der Filmindustrie. Ein Filmset! Alleine schon die Idee. Und du hast den gebaut für deine neue Freundin? Aus altem Spielzeug von mir. Ich bin ehrlich platt: Du bist ja ein richtig toller Mann, sage ich. Im Augenwinkel sehe ich, wie sein Sohn aufmerkt und erstaunt zu mir herschaut. Es freut mich, dass er das gehört hat. Der Raum füllt sich mit Gästen. Ich wundere mich über die Freunde, die er hat. Einer ist der mit dem Haus in Irland. Komplimente für Haus und Landschaft. Und was ist in der Flasche, die du mitgebracht hast und es hat so eine exquisite Farbe? Das ist Pflaumenwein. Von ihm selbst gemacht. Gekeltert aus Pflaumensaft. 



Schmeckt so abgefahren wie es aussieht und geht direkt in den Kopf. So köstlich wie gefährlich. Und jetzt ein Foto von dir! Wäre sowieso zu dunkel geworden wie alle anderen Fotos, die ich gemacht habe. Aber er lässt es gar nicht so weit kommen. Reißt einen Arm hoch. Wenn ich ein Foto machen will, dann doch bitte so diskret, dass er es nicht merkt. Und den Puderzucker für deinen Arsch? Geblasen oder gepinselt? Habe ich nicht gefragt. Du bist doch kein Mädchen, habe ich gesagt und das war es dann. Nein, die Mädchenbemerkung hat ihn nicht beleidigt. Er kann was ab. Ich auch. Aber die Stimmung war gekippt. Wer ich bin, wollte er nun wissen. Wer ich in bin in Beziehung zum Gastgeber. Ich krame wortlos eine Visitenkarte aus meinem Mäppchen. Der Gastgeber sagt Blog und erzählt, dass ich schon mehrfach über ihn geschrieben habe. Ich bin ein Förderer von ihm, erkläre ich. Der Gastgeber fügt beschwingt hinzu: Und ein Bewunderer! Ich unterdrücke den dringenden Wunsch, das richtigzustellen. Jetzt keine Bärbeißigkeit. Kein Missklang. Ich habe mich wohlgefühlt in der letzten Stunde. Das will ich ihm jetzt zeigen, wenn ich mich gleich verabschiede. Ich bleibe nie lange. Das muss ich ihm nicht erklären. Das kann er sich bei mir denken. Aber dass er meint, ich sei ein Bewunderer von ihm, da hat er er etwas falsch verstanden. Da gehört schon noch ein bisschen mehr dazu, dass ich jemanden bewundere. So grob wollte ich ihm das nicht sagen. Trotzdem will ich, dass er das weiß.